Gehalten im Gemeinderat am 14.07.2020
Sehr geehrte Damen und Nichtdamen, werte Frau Thomas,
Weiber, oder?
Frauen sind bei öffentlichen Entscheidungen meist unterrepräsentiert, in der Kommunalpolitik, in Führungspositionen der öffentlichen Verwaltung und natürlich auch in der Wirtschaft. Es gibt beispielsweise mehr Bürgermeister namens Thomas als Bürgermeisterinnen in Deutschlands größeren Städten. Auch wenn in Freiburg seit der neuen Zusammensetzung des Gemeinderats der Frauenanteil auf 41,66% gestiegen ist – Schnittmengen sind immer lustig, wie wenn Frauen im Schnitt 1,6 Kinder bekommen – braucht es immer noch eine Geschlechtergerechtigkeit! Überraschenderweise hat es sogar jetzt die cdU verstanden und setzt auf eine Frauenquote. Die Chancen, dass Fotzenfritz doch noch irgendwann Parteichef wird, sinken weiter ins Bodenlose.
Frauen – diese mysteriösen Wesen – haben in unserer Gesellschaft immer noch sehr starke Nachteile. Sie bluten jeden Monat eine Woche lang – ohne zu verbluten, sind häufig in prekären Arbeitssituationen und durch Corona nun leider wieder zu Hause vor dem Herd und/oder hüten die Kinder. Frau könnte meinen, es handele sich um eine Randgruppe der Gesellschaft, eine verschwindend kleine Minderheit – aber Achtung, geschätzte alte, weiße Nichtfrauen – wir stellen die Hälfte der Menschheit!
Von der „Gender-Pay-Gap“ haben hier hoffentlich alle schon einmal gehört, aber kennen sie die „Gender-Data-Gap“? Diese Lücke beschreibt im Prinzip Produkte, von Smartphones über Crashtest-Dummies (und damit meine ich nicht diese furchtbare Band) bis hin zu Medikamenten, bei denen Nichtfrauen bevorzugt behandelt und Frauen nicht mitbedacht werden. So erkennen beispielsweise Sprachassistentinnen wie Siri oder Alexa leichter tiefere Stimmen und auch medizinische Tests werden häufig nur an nichtweiblichen Personen durchgeführt, was dazu führt, dass diese Medikamente bei Frauen anders oder sogar falsch wirken können!
Vor 60 Jahren wurde die Pille, die von Nichtfrauen erfunden wurde, als Medikament zugelassen, und seitdem nicht wirklich weiterentwickelt. Und das trotz erschreckend vieler Nebenwirkungen (Übelkeit, Gewichtszunahme, Thromboserisiko und Depression, um nur ein paar zu nennen). In der Zeit, in der in anderen Forschungsbereichen Fortschritte stattgefunden haben, hat sich bei der Pille fast nichts getan. Während wir auf unseren hochmodernen Tablets herumtippen, nehmen Frauen immer noch den Commodore64 ein. Ausgleichende Gerechtigkeit wäre doch, wenn es auch eine Pille für Nichtfrauen gäbe und diese sich dann mit künstlichen Hormonen zuballern können, um die Familienplanung einzudämmen.
Menschen mit Menstruationshintergrund sind es Zeit ihres Lebens gewöhnt, dass sie allein dafür die Verantwortung tragen, mit sich und ihrer monatlichen Bluterei und allem, was damit einhergeht umgehen zu müssen. Dumme Witze und schlechte Laune sind dabei noch zu verkraften, die Flecken rauszubekommen ist eine ganz andere Aufgabe.
Liebe Männer, auch wenn ich euch sprachlich die letzten Minuten etwas missachtet habe, seid ihr nun auch angesprochen: um Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen, braucht es euch! Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe! Es geht nicht darum, dass wir nun endlich (!) bei Tampons weniger Mehrwertsteuer bezahlen, sondern darum, dass Frauen als gleichwertig anerkannt werden. Sonst muss ich doch noch irgendwann eine Männerausgangssperre beantragen #Zwinkersmiley
In meiner Wunschwelt stehen Frauen nicht mehr vor Toiletten an, fühlen sich nachts sicher auf dem Nachhauseweg und sind Bundeskanzlerin. Ah. Da war ja was. Vielen Dank