Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister von Kirchbach,

in §§ 92-94 SGB VIII ist geregelt, dass Pflegekinder, die in einer Einrichtung oder Pflegefamilie untergebracht sind, für die von ihnen verursachten Kosten heranzuziehen sind, wenn sie eigenes Einkommen erzielen. In der Praxis bedeutet dies, dass Jugendliche, die sich, beispielsweise durch das Austragen von Zeitungen, etwas Taschengeld verdienen möchten, 75% des damit erzielten Einkommens an das Jugendamt abgeben müssen.

Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn es sich um soziale Tätigkeiten, z.B. in einem Verein handelt.
Der Sinn dieser Vorschrift ist in keiner Weise nachvollziehbar und führt in der Praxis dazu, dass Pflegekinder, die unverschuldet in eine sowieso schon äußerst belastende und traumatisierende Situation geraten sind, für das Verhalten oder den Tod ihrer Eltern bestraft werden. Diesen jungen Menschen, deren Start ins Leben schon erschwert genug ist, wird durch diese Praxis lediglich vermittelt, dass Arbeit sich nicht lohnt. Das Resultat sind Frustration und Demotivation.

Siehe hierzu den ausführlichen Artikel im Spiegel:

https://www.spiegel.de/panorama/pflegekinder-muessen-75-prozent-ihres- einkommens-dem-jugendamt-zurueckgeben-a-1232584.html

Wir haben daher folgende Fragen:

  1. Wie viele Kinder in Freiburg betrifft dieses Gesetz?
  2. Wie geht das Freiburger Jugendamt mit dieser Situation um?
  3. Wie hoch sind die durch diese Regelung erzielten Einnahmen im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand?
  4. Wie viele Ausnahmen, beispielsweise zum Ansparen auf einen Führerschein oder ein Fahrzeug, wurden im letzten Jahr erteilt?
  5. Wie viel Spielraum gibt es, um dieses Gesetz möglichst zu Gunsten der Betroffenen auszulegen? Inwieweit nutzt das Jugendraum die Härtefallregelung nach §92 Abs. 5 SGB VIII?

Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen

Ramon Kathrein Stadtrat

Sophie Kessl Stadträtin