Das Modell zur Energieversorgung des neuen Stadtteils Dietenbach wurde in den letzten Wochen so intensiv wie wenige Themen in Fachkreisen und dem Gemeinderat diskutiert. Wir möchten an dieser Stelle transparent darlegen, wieso wir uns schlussendlich für die Ausschreibung des Energiekonzeptes in der von der Stadtverwaltung präferierten Version entschieden haben.
Mit dem Bau des klimaneutralen Stadtteils Dietenbach leistet die Stadt Freiburg Pionierarbeit. Aus diesem Grund ist die Stadtverwaltung wie auch der Gemeinderat auf unabhängige Expertisen angewiesen, um grundlegende Entscheidungen zum Energiekonzept treffen zu können. Daher wurden von einem renommierten Ingenieurbüro unterschiedliche Varianten zur klimaneutralen Energieversorgung des Stadtteils entworfen und bewertet. Die Bewertung sah zwei Varianten als grundsätzlich für geeignet an (Variante 2 und Variante 4), Klimaneutralität in der Energieversorgung zu erreichen. Variante 4 mit der Wasserstoffgewinnung wurde von Stadtverwaltung nach weiteren Prüfungen präferiert.
Vom Grundsatz her, zieht unsere Fraktion das Verfahren nicht in Zweifel. Wie bei solchen Prozessen grundsätzlich üblich, hat die Stadtverwaltung eine Vorlage erstellt, in die die Empfehlungen der Expert*innen des Ingenieurbüros eingeflossen sind und welche als Diskussionsgrundlage für den Gemeinderat und seine Ausschüsse diente. Der Gemeinderat ist bewusst kein aristokratisches Expert*innengremium und muss sich daher in Detailfragen auf die Stadtverwaltung und auch Expert*innen verlassen können. Da der Rat auch eine Kontrollfunktion der Verwaltung innehat, ist es selbstverständlich, dass wir, wenn Zweifel an der Darstellung der Verwaltung aufkommen, uns auch in komplexen Fragen Rat von Expert*innen einholen. Genau dies haben wir getan und haben mit einem Fragenkatalog auch die Stadtverwaltung zur Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen angewiesen. Wir haben nicht nur mit den Expert*innen geredet, die uns proaktiv angeschrieben haben, sondern beispielsweise auch mit Forscher*innen der Fraunhofer-Institute, weiteren Ingenieurbüros und anderen Vertreter*innen der Scientists for Future gesprochen.
Diverse Akteur*innen der Freiburger Klimaschutzszene sowie Architekt*innen und Planer*innen kritisierten die von der Stadt präferierte Variante 4. Kritikpunkte waren unter anderem die Festlegung auf ein warmes Nahwärmenetz gegenüber einem „kalten“ Wärmenetz sowie die Zentralität der Wärmeversorgung. Besonders kritisiert wurde zudem das Element der Wasserstoffproduktion, deren Abwärme ebenso zur Energieversorgung in Dietenbach beitragen soll. Hier fokussiert sich die Kritik insbesondere darauf, dass in unserer Region nicht genügend grüner Strom produziert werde, welcher für die klimaneutrale Wasserstoffproduktion benötigt werde.
Ebenso wurde im Laufe des Verfahrens klar, dass die Förderung des Energiestandard KfW 55 ausläuft und daher der Standard KfW 40 zu präferieren wäre.
Unsere Fraktion möchte sich ausdrücklich bei allen engagierten Expert*innen für den Input bedanken. Insbesondere auch für die Organisation von Diskussionsforen, auf denen die Vor- und Nachteile beider Modelle präsentiert wurden.
Auf Grundlage der Gespräche haben wir einige Punkte in einem interfraktionellen Änderungsantrag aufgenommen:
4) Der Gemeinderat beschließt, dass das Energiekonzept dahingehend modifiziert wird, dass
a) der geforderte Energiestandard für Neubauten im Gebiet aufgrund der zum 1.2.2022 entfallenden finanziellen Förderung für den Standard EH55 auf den Standard EH40 geprüft und dies in der Ausschreibung berücksichtigt wird;
b) die unter Beschlusspunkt 3 dargestellten, nicht ans Wärmenetz angeschlossen „Experimentierfelder“ mindestens 5% der bebaubaren Flächen für Wohnnutzung umfassen sollen
c) vor der Ausschreibung der Wasserstoffproduktion eine Zweitmeinung zu diesem Aspekt in Form einer Anhörung von Expert*innen eingeholt wird. Diese Einschätzung soll dem Gemeinderat vorgelegt werden.
Damit wird zwar nach Gemeinderatsbeschluss am 30.11.21 das Energiekonzept auf Grundlage eines heißen Nahwärmenetzes nach Variante 4 ausgeschrieben, insbesondere das viel kritisierte Element der Wasserstoffgewinnung wird jedoch nochmal durch eine Zweitmeinung geprüft.
Unserer Fraktion ist es auch wichtig, dass der neue Stadtteil Dietenbach möglichst schnell entsteht. Nur so können wir den horrenden Mieten etwas entgegensetzen. Eine offene Ausschreibung, die auch Variante 2 umfasst hätte, würde uns mindestens um ein halbes Jahr zurückwerfen. Da wir nach den vielen Gesprächen mit Kritiker*innen und Planer*innen davon überzeugt sind, dass sowohl Variante 2 als auch Variante 4 grundsätzlich das Potenzial haben, den Stadtteil klimaneutral mit Energie zu versorgen, haben wir dem Vorschlag der Verwaltung zugestimmt.