Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
560 Euro für 22qm, 590 Euro für 20 qm, 771 Euro für 45 qm und 900 Euro für 58 qm.
Das sind die Zahlen, die einem entgegenspringen, wenn man am Abend vor einer Gemeinderatssitzungen im Internet mal wieder den Freiburger Wohnungsmarkt sondiert. Noch bitterer wird es nur, wenn man im Anschluss auch noch versucht, die Preise für ein WG-Zimmer zu ergooglen. Freiburg ist eine teure Stadt, die in den letzten Jahren stetig teurer geworden ist.
Die Gründe hierfür liegen im Wesentlichen nicht im kommunalen Bereich, sondern in einer jahrzehntelange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die es für Vermögende und ihre Kapitalgesellschaften wenig attraktiv erschienen lies ihr vieles Geld auf dem Festgeldkonto zu parken, wenn man stattdessen doch in Wohnimmobilien- oder Immobilienunternehmen investieren und Mieter*innen für maximalen Profit ausbeuten kann. Das größte und bekannteste Wohnungsunternehmen Vonovia konnte in den letzten Jahren regelmäßig rund 2000 Euro Dividende an seine Aktionär*innen ausschütten. Nicht insgesamt. Pro Wohnung. Die Gelackmeierten von diesem System sind zum einen die Mieter*innen, die existenzbedrohende Erhöhungen und ausbleibende Reparaturen schlucken müssen. Und die Städte, die zu sehen müssen, wie auf Grundlage einer Politik, die sie nicht beschlossen haben immer mehr arme Menschen aus der Stadt gedrängt werden, ganz gleich wieviel sie zum sozialen und kulturellen Reichtum ihrer Stadt beigetragen haben. Ironisch hinzu kommt noch, dass insbesondere die Städte unter dieser Entwicklung leiden, die politisch sonst viel richtig gemacht haben und daher im Lauf der Jahre immer attraktiver für Menschen aus ganz Deutschland geworden sind.
Als Kommune können wir die wahnsinnige Entwicklung des Wohnungsmarkts in Freiburg allein genauso wenig stoppen, wie wir sie verantworten. Was wir tun können und was meiner Meinung nach das eigentliche Ziel unserer gesamten wohnungspolitischen Anstrengung sein sollte, ist den Laden sozial gesehen irgendwie zusammen zuhalten. Es gibt in Freiburg insgesamt rund 112.000 Wohneinheiten und der Freiburger Stadtbau gehören leider nur 8.000 davon. Das ist nicht genug, um die Mietspirale, die sich Mietspiegel nennt wirklich bremsen zu können oder in der Fläche gegen die Wohnungsnot helfen zu können. Aber wir können dort helfen, wo die Not am heftigsten zuschlägt. Wir können die überquellenden Notfalllisten abarbeiten, wir können größeren Familien, Obdachlosen und Geflüchteten zumindest ein Stück weit eine Perspektive geben und vorallen Dingen können wir versuchen, denen, die sonst verdrängt würden einen sicheren, bezahlbaren Platz in unserer Stadt ermöglichen. Schon diese kleineren Ziele sind angesichts der spätkapitalistischen Dystopie namens Wohnungsmarkt finanziell und personell für eine Stadt wie Freiburg extrem herausfordernd. Wir sehen das schon im Ringen um die ganzen Anträge zum heutigen TO-Punkt. Die Ziele sind herausfordernd, aber wir gehen sie an, weil wir eine Stadt sein wollen, in der alle Freiburger*innen ihren Platz finden und der erste Schritt dafür ist, dass wir die schützen, die der freie Markt anderenfalls überrollen würden. Der zweite Schritt kann danach möglicherweise sein, dass wir diejenigen unterstützen, die etwas weniger unter der Katastrophe namens Wohnungsmarkt leiden, zum Beispiel Familien mit Einkommen oberhalb der Wohngeldgrenze aber unterhalb der „Ich werde ausgelacht, wenn ich mein Budget für eine Familienwohnung in Freiburg nenne“-Grenze. Ein solches Programm würde aber nochmal eine ganze Ecke mehr kosten und da gerade die konservativen Fraktionen, die sonst sehr um Finanzen besorgt sind hier vorpreschen möchte ich in drei Punkten einen Vorschlag den aus meiner Sicht einzig gangbaren Vorschlag für eine gerechte und finanzierbare Sozial- und Wohnungspolitik machen, der all dies miteinander vereint:
Schritt Nummer eins, wie schon gesagt: Wir kümmern uns um die, bei denen die Not am größten ist.
Schritt Nummer 2: Wir kümmern uns anschließend um die, bei denen die Not ebenfalls vorhanden ist.
Schritt Nummer 3: Wir sparen nicht am ersten Schritt um den zweiten Schritt irgendwie auch noch hinzuwanken, sondern wir gehen einen geraden Weg, den wir von denen finanzieren lassen, die noch ein bisschen Geld von der letzten Dividendenausschüttung übrig haben. Alles was es braucht wäre ein bisschen Mumm von Land und Bund. Zur Abwechslung mal. Dankeschön.