Die Verwaltung hat sehr ausführlich unsere Anfrage zu Antisemitismus in Freiburg beantwortet. Wichtigste Erkenntnis: Die Polizei geht davon aus, dass die Zahl der antisemitischen Straftaten deutlich ansteigen wird. Es ist deshalb gut, dass es viele Angebote gibt, die das Thema Antisemitismus behandlen. Diese müssen jedoch weiter ausgebaut und gut beworben werden.
Hier die Antwort der Verwaltung:
Einzelanfrage nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen h i e r :
Antisemitismus in Freiburg
Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,
wir kommen auf Ihre Anfrage vom 25.01.2024 und unsere Zwischennachricht vom 21.02.2024 zurück. Nach Aufbereitung innerhalb der Stadtverwaltung und durch die Polizei können wir Ihre Fragen zum Thema „Antisemitismus in Freiburg“ im Folgenden beantworten:
1. Wie hat sich die Zahl der antisemitischen Straftaten in der Polizeistatistik seit 2021 entwickelt? Wir bitten um Darstellung der Jahre 2021, 2022 und sofern schon erfasst 2023. (Teil 1)
Gemäß Mitteilung des Polizeipräsidiums werden die Zahlen für das Jahr 2023 demnächst veröffentlicht. Aufgrund des Nahostkonfliktes ist eine Erhöhung der Jahreszahl, bedingt durch die Entwicklungen im 4. Quartal, erkennbar.
1. Nach welchen Kriterien werden Straftaten dem Antisemitismus zugeordnet?
(Teil 2)
Gemäß aktuell gültigem „Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität“ des Bundeskriminalamtes fallen hierunter politisch motivierte Straftaten, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und / oder Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie aus einer antijüdischen Haltung heraus begangen wurden.
2. Welche Definition von Antisemitismus legt die Stadtverwaltung zu Grunde? Wird die gängige Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) verwendet, die auch von der Bundesregierung anerkannt wird?
Innerhalb der Stadtverwaltung wird teilweise die Definition von Antisemitismus der In- ternational Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angewandt. Hiernach ist Antisemitismus eine „bestimmte Wahrnehmung von Juden (…)“, die aus der Gruppenzugehörigkeit unabhängig von konkretem Verhalten, Eigenschaften Einzelner ableitet und sich als Hass gegenüber jüdischen Menschen ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder deren religiöse Einrichtungen.
Eine gesamtstädtische Definition existiert nicht.
3. Wie stellt die Stadt in ihren Förderrichtlinien sicher, dass keine Institutionen gefördert werden, die nach dieser Definition antisemitische Tendenzen aufweisen?
In den „Richtlinien der Stadt Freiburg i. Br. über die Förderung von Gruppierungen und ehrenamtlichem Engagement im Bereich Migration und Geflüchtete“ ist eine Regelung enthalten, wonach bei der Förderung die Grundsätze des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten sind:
„Soweit durch Vorhaben, Projekte und Maßnahmen einer Benachteiligung aus den in
§ 1 AGG genannten Gründen (d. h. aus rassistischen Gründen, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität) Vorschub geleistet wird und diese nicht insbesondere nach den Maßstäben des AGG sachlich gerechtfertigt ist, sind sie von einer Förderung ausgeschlossen.“
Von der Verwaltung wird noch geprüft, inwieweit eine gesamtstädtische Regelung getroffen werden könnte.
4. Welche in der Antwort auf unsere Anfrage von 2021 genannten Angebote und Fortbildungen zum Thema Antisemitismus werden aktuell noch durch- geführt? Wie gut werden diese Angebote angenommen und beworben? Welche neuen Angebote und Formate sind umgesetzt oder geplant?
Zu diesen Fragen können aus den tangierten Ämtern der Stadtverwaltung folgende aktuellen Informationen gegeben werden:
a) Amt für Kinder, Jugend und Familie
In den seit 2021 stattgefundenen Fachgruppen und Fachtagen für die Schulsozialarbeit und weitere Akteure an den Schulen wurde das Thema Antisemitismus nicht behandelt. Die pädagogischen Fachkräfte sind im Rahmen der Qualitätssicherung jedoch angehalten, unter anderem vorurteilsfrei sensibel zu arbeiten und Diskriminierung entgegenzustehen.
Bei Kenntnis über Fortbildungsangebote anderer Organisationen und Verbände zum Thema Antisemitismus informiert die Koordinationsstelle die Fachkräfte der Schulsozialarbeit darüber. Am 07.07.2023 fand ein „Schulaktionstag GEGEN Rechtsextremismus – für Vielfalt und Demokratie“ statt. Die Veranstaltung der Staudinger Gesamt- schule fand in enger Kooperation mit den in städtischer Trägerschaft befindlichen Schulsozialarbeiter_innen der Schule statt. Die Veranstaltung beschäftigte sich unter anderem mit Alltagsrassismus und Verschwörungstheorien und griff in Workshops auch das Thema Antisemitismus (Referent_in von Bildungsbausteine e. V.) sowie Antisemitismus im Sport (Referent_in von Zusammen1) auf.
Das für die Arbeit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) zu Grunde liegende Qualitätskonzept beschreibt u. a. die Offenheit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Sowohl die Jugendlichen als auch die Mitarbeitenden in der OKJA zeigen ein großes Interesse an dem Thema Antisemitismus. Es finden immer wieder in Gruppenangeboten und bei den offenen Treffs Gespräche dazu zwischen den Kindern und Jugendlichen und den Mitarbeitenden statt.
b) Amt für Migration und Integration
Für den Bereich des Amtes für Migration und Integration wird auf die Ausführungen in der Antwort vom 24.08.2021 zur letzten Anfrage aus dem Jahr 2021 bei Frage 2 ver- wiesen. Es haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben.
Ergänzend hierzu eine Auflistung von über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ oder die städtischen „Richtlinien über die Förderung von Gruppierungen und ehren- amtlichem Engagement im Bereich Migration und Geflüchtete“ geförderten Einzelprojekten, die sich (teilweise) mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzten:
2022
– Förderung der Öffentlichkeitsarbeit der Wochen gegen Antisemitismus
– Freunde der Lessingrealschule: „Christ, Jude, Muslim, Roma, Sinti oder Jenische – So What?“
– Pro Familia Freiburg: „Wahrnehmung – Haltung – Handlung zu Antisemitismus in Freiburg“
– Zugesagt, aber ausgefallen: INSIDE OUT e. V.: „Tsayt.Reise – Ein Theaterstück zu 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
– Israelitische Gemeinde Freiburg K.d.ö.R.: „Ausflug und Sommerfest“
– Evangelische Kirche in Freiburg c/o Schuldekanat: „Fachtag: Antisemitismus an Schulen: Analysen und Prävention“
– f.ü.r. Freunde üben Rücksicht e. V.: „Konflikttraining für Kinder“
– zusammen leben e. V.: „Kinderkaffee und inklusive diskriminierungssensible Kinderbibliothek für Kinder bis 6 Jahren mit ihren Eltern/Bezugspersonen“
2023
– Gescher Ha Chaim e. V.: Jüdische Bobbele und die Gegenwart
– A-Team (Samt und Sonders e. V.): Empowerment und Solidarität von struktureller Gewalt betroffener Personen und Gruppen stärken
– SJD – Die Falken BaWü: Schwer mit dem schönen Leben
– Israelitische Gemeinde Freiburg K.d.ö.R.: das Projekt „Sommerfest“
c) Amt für Soziales
Die Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen wird ausschließlich durch freie Träger der Jugendhilfe umgesetzt; die Stadt Freiburg selbst stellt kein Personal für die Durchführung, sondern nur zur fachlichen Koordination zur Verfügung und gibt dadurch Im- pulse. Bei der Jahrestagung Schulsozialarbeit im November 2023 wurde in diesem Rahmen ein Workshop zu Antisemitismus durchgeführt.
Im Weiteren liegt die fachliche Verantwortung für Fortbildungen zunächst bei den Anstellungsträgern; darüber hinaus bietet der KVJS flächendeckend für das Land Baden- Württemberg Fortbildungen für Fachkräfte und Träger der Jugendsozialarbeit an Schulen an.
Mit der Mobilen Berufsschulsozialarbeit finanziert die Stadt Freiburg ein Präventionsangebot an beruflichen Schulen, das in Workshops für Schüler_innen Antisemitismus neben anderen Formen der Diskriminierung behandelt bzw. hierfür Raum gibt, jedoch nicht explizit mit bestimmten Modulen zum Thema Antisemitismus arbeitet. Durch die Behandlung von Themen wie z. B. Gewalt, Rassismus und Diskriminierung sowie
„Respekt! in Vielfalt leben“ wird jedoch implizit ein wertschätzender Umgang und eine reflektierte Kommunikation vermittelt.
Bisher gab es keine konkreten Anfragen zum Thema Antisemitismus, allerdings wird das Thema stärker wahrgenommen. So ist eine Zunahme an Schmierereien mit verfassungsfeindlichen Symbolen auf Tischen, Workshopmaterialien und Plakaten der Mobilen Berufsschulsozialarbeit festzustellen. Diese Vorfälle werden dokumentiert und an die jeweiligen Schulleitungen weitergeleitet. In einigen Fällen gibt es Absprachen mit der Schulleitung, wie auf diese Vorfälle reagiert werden kann. Zudem wird in schulischen Gremien und in Teambesprechungen der Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen generell für diese Thematik sensibilisiert und über den Umgang damit aufgeklärt. Darüber hinaus gibt es einen Austausch mit dem Antidiskriminierungsbüro Freiburg sowie die Möglichkeit von Meldungen zu Diskriminierungen über deren Webseite.
Bei Workshop-Anfragen explizit zum Thema Antisemitismus würden die Mitarbeiten- den der Mobilen Berufsschulsozialarbeit nach wie vor auf spezialisierte Institutionen (z. B. OFEK Baden-Württemberg oder das Demokratiezentrum Baden-Württemberg) verwiesen. Ein pädagogischer Tag mit OFEK als Beratungsstelle, die auf Antisemitismus und Community-basierte Beratung spezialisiert ist, war geplant, konnte aber aufgrund der Auslastung von OFEK nicht durchgeführt werden. Im nächsten Newsletter der Mobilen Berufsschulsozialarbeit wird explizit auf diese Fachberatungsstellen sowie auf Online-Materialen wie z. B. der Bundeszentrale für politische Bildung hingewiesen.
d) Haupt- und Personalamt
Im jährlich erscheinenden fachübergreifenden Fortbildungsprogramm der Stadtverwaltung werden seit vielen Jahren Seminare im Programmbereich „Diversity“ angeboten, welche in enger Abstimmung mit der Geschäftsstelle Gender und Diversity geplant werden. Der Kompetenzbereich wurde im Zuge der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt im Jahr 2017 eingerichtet, womit die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin ihren Informationsauftrag gegenüber den Mitarbeitenden umsetzt.
Die Programmplaner_innen der Personalentwicklung und der Geschäftsstelle setzen dabei auf Basisqualifizierungen, um Mitarbeitende im Umgang mit Bürger_innen und Kolleg_innen zu sensibilisieren und Vorurteilsbildungen vorzubeugen. Neben grundlegenden Angeboten werden u. a. auch spezifische Themen in Vorträgen behandelt. Ein Beispiel dafür ist eine in 2024 erstmals angebotene Vortragsreihe mit Mitarbeiter_innen der Bildungsstätte Anne Frank. Teil der Reihe ist der Vortrag „Versteckt aber nicht weg – Was ist Antisemitismus (heute)?“, in dem auch israelbezogener Antisemitismus behandelt wird. Zum Zeitpunkt der Anfrage lagen für diesen Vortrag 18 Anmeldungen aus unterschiedlichen Dienststellen vor.
Wie bei Vorträgen üblich bewerben wir auch diesen ergänzend ca. einen Monat vor dem Termin per Mail. Die Erfahrung zeigt, dass dies häufig nochmals einen Anmeldeschub bei Vorträgen auslöst. Zudem schwanken Anmeldungen im Bereich „Diversity“ nach unserer Wahrnehmung je nach der Aktualität der Themen. Vorträge und freie Seminarplätze werden daher verstärkt durch die Geschäftsstelle Gender und Diversity sowie die Personalentwicklung beworben. Weil Antisemitismus in den zum Teil antisemitisch geführten Debatten rund um den Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 öffentlich sichtbarer wurde, führte die Werbung für den besagten Vortrag zu zusätzlichen 33 Anmeldungen, sodass wir nun insgesamt 51 Teilnehmende erwarten.
Die in der Antwort vom 24.08.2021 zur letzten Anfrage dargestellten Angebote im Programmbereich „Deeskalation“ werden ebenfalls weiterhin durchgeführt und gut be- sucht. Auch wenn Antisemitismus nicht das im Vordergrund stehende Seminarthema ist, wird dessen Zusammenhang mit bspw. Verschwörungsideologien thematisiert. Die bedarfsspezifischen Qualifizierungen sowie die Basisqualifizierungen innerhalb der obligatorischen Qualifizierungsprogramme für städtische Auszubildende und Berufseinsteiger_innen existieren weiterhin im Produktportfolio der Personalentwicklung (siehe ebenfalls Antwort vom 24.08.2021).
e) Kulturamt mit Stadtarchiv
Im Zuge des Kulturplanungsprozess Kulturlabor durch das Kulturamt wurde ein Workshop (November 2021) und eine mehrtägige Fortbildung (Oktober und November 2023) zu diskriminierungsfreier und inklusiver Kulturarbeit durch das Kulturamt für Kulturschaffende durchgeführt. Hierbei ging es auch um Antisemitismus als eine Form von Diskriminierung. Das Interesse an den Veranstaltungen war groß und die Resonanz sehr gut.
Diskriminierungsfreie Kulturarbeit wird beim Kulturamt weiter Thema sein, u. a. entsteht dieses Jahr ein Netzwerk aus den Teilnehmenden der mehrtägigen Fortbildung. Das Kulturamt arbeitet auch mit der Landeszentrale für politische Bildung zusammen, in 2019 und 2020 gab es intern und dann extern für alle interessierte Kulturschaffende einen eintägigen Workshop zum Umgang mit Rechtsextremismus.
Das Kulturamt verantwortet zur Aufarbeitung der Gewaltverbrechen in der NS-Zeit und gegen Antisemitismus damals und heute drei öffentliche Gedenkveranstaltungen: Jahrestag der Deportation der Freiburger Jüdinnen und Juden nach Gurs (22. Oktober 1940), Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (27. Januar 1945) und der Jahrestag der Pogromnacht (9. November 1938). In diesen wiederkehrenden Veranstaltungen, die mit einem großen Mitveranstalterkreis durchgeführt werden, werden nicht nur Themen und Schicksale von Opfern des NS-Regimes in den Mittelpunkt gestellt, sondern auch Bezüge zur heutigen Situation hergestellt. Der Mitveranstalterkreis zum 22.10. hat sich nochmals erweitert. Neu hinzugekommen sind der Verein Nachkommen, Ver- wandte und Freunde der Mitglieder der ehemaligen israelitischen Gemeinde Freiburg, die Freiburger Hilfsgemeinschaft/ Arbeitskreis „NS-Euthanasie und Ausgrenzung heute“, das Roma-Büro Freiburg und der Sinti-Verein Freiburg und natürlich das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus.
Beispielhaft für die Verknüpfung von Gedenken/Erinnern und Zeitbezug bei diesen Veranstaltungen sei die diesjährige Veranstaltung zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 28. Januar im Kaisersaal genannt: die 88-jährigen Zeitzeugin und Holocaust-Überlebenden Eva Weyl aus Amsterdam schilderte ihre Kinderjahre im Konzentrationslager Westerbork und appellierte an das Publikum, sich gegen Rassismus in jeder Form zu engagieren.
Mit einem jährlichen Budget von 5.500 Euro fördert das Kulturamt Projekte zur Aufarbeitung der NS-Zeit. 2024 werden unter anderem ein Konzert mit verschiedenen politisch engagierten Musiker_innen unter dem Titel „Kultur wider das Vergessen“, eine vom hiesigen Alpenverein geplante Ausstellung über jüdische Mitglieder in der NS-Zeit und eine szenische Lesung mit Briefen des Widerstandskämpfers Helmuth James Graf von Moltke gefördert.
Auch das Stadtarchiv leistet mit der Zurverfügungstellung von Archivmaterial, mit der Unterstützung – inhaltlich und finanziell – und der Herausgabe von Publikationen die Aufarbeitung von Antisemitismus und die Aufklärung gegen Antisemitismus. Bspw. wurde 2023 „Dunkle Wolken über Freiburg“; nationalsozialistische Bücherverbrennungen, Säuberungen und Enteignungen von Heiko Wegman durch das Stadtarchiv her- ausgegeben und im Mai 2023 öffentlich vorgestellt.
f) Städtische Museen Freiburg
Im Dokumentationszentrum Nationalsozialismus (DZNS) der Städtischen Museen Freiburg schreiten die Aufbauarbeiten beständig voran. Bereits vor der geplanten Eröffnung wurden und werden jedoch einzelne Angebote und Veranstaltungen umgesetzt, die direkte oder indirekte Bezüge zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit auf- weisen.
Im Rahmen des Vermittlungsangebots „Museum macht schlau“ der Städtischen Museen bietet das DZNS zwei geführte Rundgänge im Stadtgebiet an. Der erste Rund- gang („Hinter den Fassaden“, ab Klasse 9) bietet einen schlaglichtartigen Überblick über die Zeit des NS in Freiburg. In diesem Rundgang wird im Kontext der Shoa auch Antisemitismus gegen Freiburger_innen thematisiert. Der zweite Rundgang („Steine des Anstoßes“, ab Klasse 11) beschäftigt sich am Beispiel des Platzes der Alten Synagoge mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und Entwicklung der Erinnerungskultur in Freiburg. Dabei werden auch Kontinuitäten von Antisemitismus in den Blick genommen. Diese beiden Zugänge können dazu beitragen, Schüler_innen für historische und gegenwärtige Formen von Antisemitismus zu sensibilisieren. Perspektivisch sollen diese Führungsangebote auch außerhalb des Schulkontexts für alle Interessier- ten geöffnet werden.
Ab dem Frühjahr 2024 wird das Angebot außerdem um das Serious Game „FreiBuddy“ erweitert. Die semi-digitale AR-App zu jüdischem Leben in Freiburg wurde als Drittmittelprojekt mit Unterstützung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ (EVZ) umgesetzt. Auf drei Spielrouten durch die Innenstadt lernen die Nutzer_innen verschiedene Facetten vergangenen und gegenwärtigen jüdischen Lebens und jüdischer Identitäten in Freiburg kennen. Dabei werden durch die Spielcharaktere auch exemplarische Antisemitismuserfahrungen thematisiert und im Rahmen eines pädagogischen Begleitkonzepts nachträglich reflektiert und kontextualisiert. Das Serious Game wurde u. a. in Kooperation mit Jüdinnen und Juden, den jüdischen Gemeinden in Freiburg sowie der Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung OFEK erarbeitet. Auch insgesamt 100 Schüler_innen von verschiedenen Freiburger Schulen (Deutsch-Französisches Gymnasium, Lessing Realschule, Kolleg St. Sebastian Stegen, Max-Weber-Schule, Staudinger Gesamtschule, Walter-Eucken-Gymnasium) haben an dem partizipativen Konzeptionsprozess mitgewirkt. Das entstandene Netzwerk kann zukünftig auch als Basis für weitere Angebote im Bereich der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit dienen.
Auch das Augustinermuseum, unter dessen Dach das Dokumentationszentrum entsteht, widmet sich in Ausstellungen und Veranstaltungen dem Thema des Antisemitismus. Konkret ist derzeit eine Ausstellung zum Expressionisten Fritz Ascher in Vorbereitung, der den Holocaust im Kellerversteck des Berliner Grunewald überlebt hat, eine Zusammenarbeit mit der Fritz Ascher Society for Persecuted, Ostracized and Banned Art, New York. Sie wird vom 08.11.2024 bis zum 02.03.2025, unmittelbar vor der Eröffnung des Dokumentationszentrums Nationalsozialismus im Haus der Graphischen Sammlung präsentiert.
Die weiteren im Gemeinderat vertretenen Fraktionen, Fraktionsgemeinschaften, Gruppierungen und Einzelstadträt_innen erhalten Nachricht von diesem Schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich von Kirchbach Erster Bürgermeister