Schon 2019 hat unsere Fraktion angefragt, wie es um die Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche in Freiburg steht (siehe unten). Nachdem endlich das „Werbeverbot“ (§ 219 a StGB) abgeschafft wurde, haben wir zusammen mit den Grünen nochmal nachgehakt, wie die Versorgungslage in Freiburg aussieht. Die Antwort auf unsere Anfrage schildert eine schlechte Versorgungslage, eine Besserung ist aktuell nicht in Aussicht. Ebenso wird klar, dass nur wenige Ärzt*innen Informationen auf ihren Websites veröffentlichen. Die Bedrohung durch radikale Abtreibungsgegner*innen ist auch in Freiburg ein größes Problem.
Hier dokumentieren wir die Antwort der Stadtverwaltung auf unsere Fragen:
Sehr geehrte Stadträtinnen, sehr geehrte Stadträte,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 27.07.2022 an Herrn Oberbürgermeister Horn in Bezug auf die Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche in Freiburg. Herr Oberbürgermeister Horn hat mir Ihre Anfrage weitergeleitet und um Beantwortung gebeten.
In die Beantwortung der Fragestellung wurde die Frauenbeauftragte der Stadtverwaltung eingebunden. Ihre Fragen beantworten wir wie folgt:
- Wie hat sich die Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche seit der letzten Anfrage von 2019 entwickelt? Wie viele Ärztinnen und Ärzte in Freiburg führen Schwangerschaftsabbrüche durch und wie lange ist die Versorgungssicherheit in Freiburg voraussichtlich noch gegeben?
Die angespannte Versorgungslage für Schwangerschaftsabbrüche hat sich nach dem Kenntnisstand der Frauenbeauftragten seit 2019 nicht verändert. In Freiburg gibt es drei staatlich anerkannte Beratungsstellen, die Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten und den für den Abbruch erforderlichen Beratungsschein ausstellen: Pro Familia, Donum Vitae und das Diakonische Werk.
Bislang gibt es in Freiburg keine öffentlich einsehbare Übersicht der Praxen und Ärzt_innen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden. Zwar dürfen mit der Abschaffung von § 219 a StGB am 24. Juni 2022 Ärzt_innen jetzt niedrigschwellig darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen und mit welcher Methode sie das tun, ohne eine Anzeige zu fürchten. Dennoch gehen die anerkannten Beratungsstellen davon aus, dass die Übersicht wie bislang nur über die Beratungsstellen weitergegeben wird, um Ärzt_innen gegen teils massive Anfeindungen von Abtreibungsgegner_innen zu schützen. Bislang haben die Beratungsstellen keine Rückmeldung von Frauenärzt_innen erhalten, ob diese nun mehr Informationen öffentlich zur Verfügung stellen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung führt auf ihrer Homepage eine Liste von Ärzt_innen, Krankenhäusern und Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen (§ 13a Abs. 1 SchKG). Bisher haben sich keine Ärzt_innen aus Freiburg eintragen lassen.
Eine ähnliche Tendenz spiegelt auch eine vom Deutschen Städtetag im Juni 2021 durchgeführte Umfrage wieder: Laut der Befragung gibt es 424 niedergelassene Mediziner_innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Demgegenüber weist die obengenannte Liste zum Zeitpunkt der Umfrage nur 360 Einträge vor. Dies lässt vermuten, dass Ärzt_innen bundesweit Repressionen fürchten und sich deshalb teilweise nicht auflisten lassen.
Die Frauenbeauftragte hat Kenntnis von zwei Praxiskliniken in Freiburg, in denen Abbrüche durchgeführt werden: Eine im Freiburger Umland, die andere in einer Praxis in Freiburg. Nach Informationen der anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen gibt es in Freiburg derzeit fünf Ärzt_innen, die Abbrüche durchführen. Diese erreichen jedoch bald das Rentenalter und bislang fehlen Nachfolger_innen. Einer der Hauptgründe seien die sehr geringe Vergütung sowie die fehlende Ausbildung in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche von Ärzt_innen.
Der Arzt und Inhaber der Praxisklinik im Freiburger Umland übergibt nach Informationen der Frauenbeauftragten seine Praxis dieses Jahr voraussichtlich an eine jüngere Ärztin.
Es liegen keine neuen Erkenntnisse zur Anzahl der jährlich stattfindenden Schwangerschaftsabbrüche in Freiburg vor. Die Frauenbeauftrage geht von einer vergleichbaren Zahl wie im Jahr 2019 aus. Die Zahlen aus dem Jahr 2019 wurden durch telefonische Abfragen ermittelt. Eine erneute Abfrage der Ärzt_innen kann aufgrund der Arbeitsbelastung im Referat für Chancengerechtigkeit und der Sommerpause derzeit nicht geleistet werden. Das statistische Bundesamt gliedert Schwangerschaftsabbrüche nur nach Bundesland. Eine vollständige Auswertung der Adressen der Praxen z.B. nach Kreisen ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Auch der Deutsche Städtetag befasst sich derzeit in einer Arbeitsgruppe mit der Versorgungssituation ungewollt Schwangerer. In einem Arbeitspapier zur Vorbereitung einer Befassung des Präsidiums des Deutschen Städtetags im Herbst 2022 wurden mögliche Beschlussvorschläge erarbeitet. Darin sollen unter anderem Bund und Länder aufgefordert werden, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, ein ausreichendes Angebot an Abbruchmöglichkeiten wohnortnah sicherzustellen. Weiter heißt es, das Präsidium des Deutschen Städtetags betone, dass der Stigmatisierung von Ärzt_innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, begegnet werden müsse.
- Ist der Verwaltung bekannt, ob die Uniklinik schon Schwangerschaftsabbrüche nach Beratungsregelung anbietet bzw. wann dieses Angebot eingeführt werden soll? Steht die Stadt mit den ansässigen Kliniken zum Thema in Kontakt und legt ihnen nahe, Abbrüche auch auf Wunsch der Frauen durchzuführen?
Bislang hat die Verwaltung keine Kenntnis darüber, dass die Uniklinik Schwangerschaftsabbrüche nach Beratungsregelung anbietet. Die Frauenbeauftragte tauscht sich Ende September im AK Frauengesundheit bezüglich der Situation der Schwangerschaftsabbrüche aus.
Die Stadtverwaltung gibt keine Empfehlung, Abbrüche auf Wunsch der Frauen durchzuführen.
- Wird erwogen nach der Aufhebung des Werbeverbots nun auf städtischen Seiten und Social Media Accounts über Beratungsstellen und Möglichkeiten zu Schwangerschaftsabbrüchen in unserer Stadt zu informieren?
Nein, bislang ist von Seiten der Stadt nicht geplant, öffentlich über Beratungsstellen und Möglichkeiten zu Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren.
Zu unserer Anfrage von 2019: