Wir haben eine Anfrage zu Wohnformen für Menschen mit intensivem Betreuungsbedarf an die Stadtverwaltung gestellt. Wir wollten wissen, welche Wohnformen es in Freiburg und der Region gibt und ob der Bedarf gedeckt werden kann. Hier nun die sehr ausführlichen Antworten der Stadtverwaltung, für die wir uns herzlich bedanken.
Sehr geehrte Frau Stadträtin Kessl, sehr geehrter Herr Stadtrat Kathrein,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24.09.2019 an Herrn Oberbürgermeister Horn, mit welchem Sie verschiedene Fragen zu „Wohnformen für Menschen mit intensivem Betreuungsbedarf“ stellen. Herr Oberbürgermeister Horn hat mir Ihre Anfrage weitergeleitet und um Beantwortung gebeten. Die Beantwortung wurde federführend vom Amt für Soziales und Senioren vorgenommen und die vom Themenkomplex ebenfalls tangierten Ämter – Amt für Kinder, Jugend und Familie und Amt für Migration und Integration mit einbezogen (s. Verweise).
Vorab möchten wir zu bedenken geben, dass es keine Legaldefinition für „intensiven Betreuungsbedarf“ gibt. Daher ist eine klare Abgrenzung zum Teil schwierig bzw. sind die Übergänge fließend. Auch sind nicht alle individuellen Settings und Konstellationen darstellbar. Beispielsweise gibt es Fälle, in denen Regelleistungen für „normale“ Betreuungsbedarfe durch zusätzliche individuelle Leistungen ergänzt werden, um einem intensiven Betreuungsbedarf gerecht zu werden.
Zudem erlebt der Bereich der Eingliederungshilfe derzeit mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) eine tief- und weitgehende Reform. Viele Dinge sind aktuell im Wandel. Dies hat zur Folge, dass sich der überwiegende Teil der Rahmenbedingungen, Strukturen und Inhalte in der Überarbeitung befindet bzw. eine Überarbeitung noch ansteht. Damit einhergehend können sich laufend Änderungen zu den u. g. Punkten ergeben. Insbesondere der neu abzuschließende Rahmenvertrag ist Grundlage, um Betreuungsangebote – auch für intensive Betreuungsbedarfe – fachlich/konzeptionell, rechtlich und fiskalisch zu gestalten. Der neue Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX liegt jedoch noch nicht vor.
Zu Ihren Fragen nehmen wir wie folgt Stellung:
1) Welche Betreuungsmöglichkeiten für Menschen mit einem intensiven Betreuungsbedarf sind Ihnen bekannt?
a) Sind diese in der Lage, Menschen mit den o. g. Problemlagen zu betreuen?
Aktuelle Betreuungsmöglichkeiten für Menschen mit einem intensiven Betreuungsbedarf sind z. B. die Therapeutischen Wohngruppen (TWG) oder das langfristig intensiv betreute Wohnen (LIBW) bzw. vergleichbare Angebote mit anderen Bezeichnungen außerhalb des Rahmenvertrages. Zum Beispiel wurde in Freiburg mit dem Haus Landwasser die „Maßnahme zur Entwicklung neuer Perspektiven“ (MnP) entwickelt und umgesetzt. Die MnP kommt für junge Erwachsene mit psychischer Erkrankung in Betracht, bei denen keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit im Krankenhaus mehr besteht, aber die Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme krankheitsbedingt noch nicht möglich ist. Ziel ist dabei die Stabilisierung für die Erarbeitung und Umsetzung einer tragfähigen Perspektive ohne Leistungsdruck.
Bei der TWG handelt sich um ein vollstationäres Angebot der Eingliederungshilfe mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot. In ihr erhalten Menschen mit geistiger und zusätzlicher seelischer Behinderung und schwerwiegenden Verhaltensstörungen oder Verhaltensschwierigkeiten für einen begrenzten Zeitraum Betreuungs- und Unterstützungsleistungen. Diese Wohnform ist z. B. für Personen mit intensivem Betreuungsbedarf geeignet, die sich ein selbständiges Leben in ihrer eigenen Wohnung noch nicht zutrauen bzw. bei denen dieses Ziel noch nicht objektiv erreichbar ist, jedoch für die Zukunft erreicht werden soll.
Das LIBW bietet Menschen mit Behinderungen und zusätzlichem herausforderndem Verhalten die Möglichkeit, sie entsprechend ihren Bedürfnissen zu fördern, zu begleiten und zu unterstützen. Aufgrund der personellen, fachlichen und räumlichen Ausstattung sind LIBW-Plätze in besonderer Weise für Menschen mit einem intensiven Betreuungsbedarf geeignet. Individuell zugeschnittene Tagesabläufe, Interventionsmöglichkeiten in Krisensituationen, Möglichkeiten der Förderung und der Freizeitgestaltung, Regeln im Umgang miteinander, die Raumgestaltung und vieles mehr werden mit den Menschen gemeinsam entwickelt. In den LIBW-Gruppen wird überdies im Bereich der Selbst-, Fremdgefährdung und Sachaggression nach dem Konzept der Deeskalation gearbeitet, um aggressionsauslösenden Situationen vorzubeugen sowie Handlungskompetenzen und Techniken im Umgang mit aggressivem Verhalten anzuwenden.
Bei den o. g. Angeboten handelt es sich um besondere Wohnformen. Diese Angebote haben gemeinsam, dass sie über einen sehr engen Betreuungsschlüssel und spezielle Ausstattungsmerkmale verfügen. Sie sind geeignet, die jeweilige Zielgruppe zu betreuen.
In Freiburg gibt es neben der MnP für Kinder und Jugendliche im Haus Tobias fünf Plätze und für Erwachsene über Autista („Hochdorfer Angebot“ – erfolgt derzeit über Einzelvereinbarung) vier Plätze für Menschen mit einem intensiven Betreuungsbedarf. Bei beiden Angeboten handelt es sich ebenfalls um besondere Wohnformen, die geeignet sind, die jeweilige Zielgruppe zu betreuen.
2) Handelt es sich hierbei um Großeinrichtungen? (Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention sind Großeinrichtungen nicht mehr zeitgemäß und sollten durch kleinere Einheiten oder gleich durch ambulante Settings ersetzt werden.)
Eine klare, allgemeingültige Definition der „Großeinrichtung“ (Platzzahl etc.) gibt es nicht. Dem allgemeinen und fachlichen Sprachgebrauch nach handelt es sich bei einem Teil der Einrichtungen nach unserer Einschätzung um „Großeinrichtungen“ (> 100 Plätze), z. B. bei: Herten, Kehl-Kork, Paulinenpflege Winnenden, Bruderhaus Diakonie, Stiftung Liebenau und Diakonie Mosbach oder weiteren Einrichtungen außerhalb des 50 km Radius.
Diese Großeinrichtungen sind dabei, kleinere Einheiten zu schaffen bzw. haben bereits kleinere Einheiten geschaffen. Auch sind die einzelnen Angebote teilweise in kleine Einheiten aufgeteilt. Im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention und des BTHG laufen in Baden-Württemberg insbesondere in Großeinrichtungen/Komplexeinrichtungen Dezentralisierungsprojekte, um kleinere und inklusivere Wohnangebote zu schaffen. Dieser Prozess benötigt nach unserer Einschätzung eine gewisse Zeit, da teilweise damit Baumaßnahmen etc. verbunden sind und es zu keinem Leistungsabbruch sowie zu keiner Schlechterstellung der betreuten Menschen kommen darf.
Zu den ambulanten Angeboten vgl. Frage 4.
3) Sind ausreichend Betreuungsplätze für Menschen mit intensivem Betreuungsbedarf im Umkreis von 50 km verfügbar? Falls nein, wie stellt sich das Verhältnis von Betreuungsplätzen zu tatsächlich benötigten Plätzen dar?
Mangels einer Legaldefinition für „intensiven Betreuungsbedarf“ kann keine rechnerische Gegenüberstellung von benötigten und vorhandenen Plätzen erfolgen. Es wird davon ausgegangen, dass für Freiburger Kinder und Jugendliche ca. fünf Plätze fehlen. Zudem zeigt die Teilhabeplanung Psychiatrie einen ungedeckten Bedarf im Bereich der Erwachsenen. Für sog. Systemsprenger_innen kann der Bedarf derzeit auf ein bis zwei Plätze (allerdings mit steigender Tendenz) beziffert werden.
Ziel der Verwaltung ist es, die Teilhabeplanungen Psychiatrie und geistig/körperlich Behinderte in Abstimmung mit den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen auf Basis der neuen Rahmenbedingungen des BTHG weiterzuentwickeln. Damit wird u. a. das Ziel verfolgt, für Menschen mit Behinderungen in der Regel eine wohnortnahe Versorgung in der Freiburger Regio sicherzustellen. Im Rahmen der Teilhabeplanung sollen Informationen gesammelt und analysiert werden, um die Versorgungsstruktur weiter zu entwickeln. Diese Weiterentwicklung ist auch wesentlich abhängig vom noch abzuschließenden Landesrahmenvertrag.
4) Welche ambulanten Möglichkeiten zur Betreuung der o. g. Personengruppen existieren und welche davon sind aktuell tatsächlich verfügbar? (Das sog. Intensiv Ambulant Betreute Wohnen ist uns bekannt, wird aber i.d.R. solchen Problemlagen nicht gerecht)
Derzeit gibt es in Freiburg über das Ambulant intensiv betreute Wohnen hinaus keine ambulanten Regelleistungen für Menschen mit intensivem Betreuungsbedarf. Es gibt vereinzelt individuelle ambulante Angebote über das Persönliche Budget. Gerade im Bereich der Selbst- und Fremdgefährdung bzw. destruktivem Verhalten stoßen die gängigen ambulanten Angebote schnell an ihre Grenzen. Insbesondere da auch die Rahmenbedingungen in Bezug auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum selten auf die Bedarfe abgestimmt sind.
5) Wie werden Familienangehörige, die Menschen mit intensiven Betreuungsbedarf pflegen, unterstützt und entlastet?
Familienangehörige werden individuell beraten und entsprechend deren Bedarfen Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt. Durch Leistungen an Dritte (z. B. Assistenzen) können Aufgaben übernommen und so die Familienangehörigen entlastet werden.
6) Für welche Personengruppe ist aus Sicht der Stadtverwaltung Handlungsbedarf gegeben? Zum Beispiel durch Schaffung weiterer Betreuungsplätze oder Möglichkeiten zur besseren Betreuung (Stichwort Fachleistungsstunden oder Personalschlüssel).
Mit dem BTHG ergeben sich in nahezu allen Leistungsbereichen Handlungsbedarfe. Es soll durchgehend eine qualitative strukturelle Weiterentwicklung des Rechts der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen erfolgen. Die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung sollen unter Berücksichtigung des Sozialraumes bei den Leistungen zur sozialen Teilhabe gestärkt werden. Die Leistungen der neu ausgerichteten Eingliederungshilfe sollen individueller und damit passgenauer sein. Gleichzeitig soll keine neue Ausgabendynamik entstehen und die bestehende durch Verbesserungen in der Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe gebremst werden. Das heißt, die aktuellen Angebote müssen unter dieser neuen Zielrichtung überprüft, angepasst oder ersetzt werden. Grundlage hierfür sind die Vorgaben des neuen, noch abzuschließenden Rahmenvertrags. Aktuell wird davon ausgegangen, dass im Bereich des „intensiven Betreuungsbedarfs“ die Themen Autismus, schwere psychische Beeinträchtigung/ seelische Behinderung, Mehrfachbehinderung und die Schnittstelle Eingliederungshilfe – Pflege eine wesentliche Rolle bei der Weiterentwicklung der Betreuungsangebote spielen werden. In Bereichen, in denen die Verwaltung vor Ort trotz fehlendem Rahmenvertrag handlungsfähig ist (z. B. Tagesstruktur in Werkstätten für behinderte Menschen/Förder- und Betreuungsbereich), fließen besondere Bedarfe (z.B. geistige Behinderung mit Autismus oder Verhaltensauffälligkeiten) bereits in die aktuellen Konzeptionen ein. Menschen mit Fluchthintergrund, die aufgrund von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen besonderen Betreuungsbedarf haben, werden durch Sozialdienste und Integrationsmanager_innen zur Betreuung in Regeleinrichtungen vermittelt, da dort die notwendige Fachlichkeit vorgehalten wird. Gemeinschaftsunterkünfte sind keine Facheinrichtungen, die intensive Betreuung ermöglichen. In den meisten Gemeinschaftsunterkünften sind die Flure im Erdgeschoss barrierefrei zugänglich. In den Unterkünften sind 9 Zimmer barrierefrei, bzw. rollstuhlgerecht gestaltet. In wenigen Fällen werden Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften durch einen ambulanten medizinischen Dienst betreut. Was Geflüchtete mit psychologischem Betreuungsbedarf betrifft, so bezuschusst die Stadt Freiburg das durch den Caritasverband Freiburg-Stadt und die Refudocs getragene Traumazentrum „Refugium“; dort werden Menschen mit Fluchthintergrund ambulant stabilisierend und psychotherapeutisch versorgt und / oder in intensivere Therapien weiter vermittelt.
7) Welche Betreuungskonzepte liegen den bestehenden Einrichtungen und Wohnformen zu Grunde und können diese mit den aktuellen Mitteln kostendeckend umgesetzt werden?
Jeder Leistung (Leistungsvereinbarung) liegt ein spezielles Betreuungskonzept zugrunde. Dieses umfasst in der Regel u. a. Aussagen zu Zielgruppe, Rahmenbedingungen, Inhalten, Methodik und dem Ziel der Leistung. Eine inhaltliche Erläuterung aller Betreuungskonzepte ist an dieser Stelle nicht möglich. Mit Abschluss der auf der Leistungsvereinbarung basierenden Vergütungsvereinbarung bestätigt der Leistungserbringer, dass die Finanzierung wirtschaftlich auskömmlich ist.
8) Existieren therapeutische Wohngruppen oder ähnliche therapeutischeMaßnahmen?
In Freiburg gibt es für Kinder und Jugendliche im Haus Tobias fünf Plätze und für Erwachsene über Autista („Hochdorfer Angebot“ – erfolgt derzeit über Einzelvereinbarung) vier Plätze für Menschen mit einem intensiven Betreuungsbedarf. Bei beiden Angeboten handelt es sich um besondere Wohnformen. Außerhalb der Stadt Freiburg gibt es weitere Angebote.
9) Besteht in Punkto Kostendeckung Dissens zwischen Leistungserbringenden und Leistungsträger*innen? Falls ja, in welchen Punkten?
Das Thema der Kostendeckung kann an verschiedener Stelle zwischen Leistungserbringenden und Leistungsträgern eine Rolle spielen. Zum einen z. B. im klassischen Vertragsrecht, wo es bei fehlender Einigung die Eskalationsstufen der Schiedsstelle und Gerichte gibt. Zudem können bei individuellen Angeboten ebenfalls verschiedene Punkte zu einem Dissens führen. Wesentliche Punkte, in denen ein Dissens bzgl. der Kostendeckung entstehenkann, sind z. B.
– Umfang der Betreuungsbedarfe (Quantität und Qualität)
– Direkte und indirekte Betreuungszeiten
– Overhead-/Gemeinkosten
– Strittige Elemente der Vollkostenbetrachtung
– Prognosen zu Entwicklungen (z. B. Tarifabschlüsse)
Die genannten Punkte sind nicht nur auf der Ebene der örtlichen Träger der Eingliederungshilfe und regionalen Leistungserbringer oftmals strittig. Auch bei den Verhandlungen zum Rahmenvertrag gibt es zu vielen dieser Punkte einen Dissens.
10) Wie kann der Gemeinderat die Stadtverwaltung unterstützen, um ggf. Missstände zu beseitigen oder adäquate Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen?
Die Stadtverwaltung leistet über ihre beteiligten Ämter einen wertvollen Beitrag dazu, für Menschen mit intensivem Betreuungsbedarf das richtige Angebot zu finden. Über die Beantwortung der Fragen 1-9 wurde dies ausführlich dargestellt. Die landes- und bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen stellen die Stadtverwaltung hier vor neue Herausforderungen. Die damit verbundene, notwendige (Weiter-)Entwicklung und Umsetzung sowie das Nachhalten der Leistungsangebote wird sowohl im Fallmanagement als auch auf Ebene der Teilhabeplanung durchgeführt.
Anlassbezogen kann der Gemeinderat die Stadtverwaltung dabei über politische Impulse auf Bundes- und Landesebene unterstützen, um jeweils zeitnah geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das Amt für Kinder, Jugend und Familie (AKI) verantwortet u.a. erzieherische Hilfen für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige sowie Eingliederungshilfen für seelisch behinderte oder von seelischer Behinderung bedrohte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe stellen die Eltern bzw. der gesetzliche Vertreter des Kindes oder Jugendlichen oder der/die junge Volljährige selbst. Die ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen werden von freien Jugendhilfeträgern in Freiburg und den umliegenden Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen erbracht. Im vergangenen Jahr wurden rund 1.700 ambulante Hilfen für Familien, Kinder, Jugendliche und junge Volljährige geleistet, davon rund die Hälfte im Bereich der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen. Eine teilstationäre Hilfe (i.d. Regel im Rahmen einer Tagesgruppe) erhielten rund 170 junge Menschen, rund 440 junge Menschen wurden im Rahmen der Jugendhilfe stationär versorgt. Darüber hinaus leben derzeit fast 200 Freiburger Kinder und Jugendliche dauerhaft in einer Pflegefamilie. Darunter befinden sich auch besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche. Pflegefamilien werden vom AKI ausgebildet und im Hilfeverlauf eng begleitet. Sie erhalten regelmäßig Fortbildungsangebote und können bei Bedarf Supervision in Anspruch nehmen.
Wenn die regional ansässigen stationären Jugendhilfeträger einen besonderen Bedarf nicht decken können, wird bundesweit nach einer passenden Einrichtung gesucht. Kinder, Jugendliche und deren Eltern sind immer an der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Einrichtung beteiligt. Im stationären Bereich findet in der Regel vor der eigentlichen Aufnahme ein mehrwöchiges „Probewohnen“ statt. Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung für ambulante, teilstationäre und stationäre Jugendhilfe- Leistungen werden im engen Austausch mit den Trägervertreter_innen im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft gem. § 78 SGB VIII, Hilfen zur Erziehung, mit dem AKI abgestimmt.
Trotz vielfältiger Leistungsangebote, intensivpädagogischer und therapeutischer Zusatzleistungen sowie hoher individueller Flexibilität der Jugendhilfe-Anbieter (Stichwort „flexible Hilfen“) gelingt es nicht immer, jungen Menschen auf Anhieb die passgenaue Hilfe anzubieten. Sogenannte „Systemsprenger“ – emotional und / oder körperlich verwahrloste Kinder und Jugendliche, die in ihrer frühen Kindheit Gewalterfahrungen machen mussten oder schwer vernachlässigt wurden, stellen für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Hier gilt es ganz besonders, in Verantwortungsgemeinschaft öffentlicher und freier Jugendhilfe und unter Einbeziehung des Gesundheitssystems und des Systems „Schule“ gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Es liegt allerdings in der „Natur der Sache“ bzw. am emotionalen Entwicklungsstand des jungen Menschen, dass trotz konzentrierter Bemühungen nicht immer ein tragfähiges Hilfeangebot entwickelt werden kann.