Sehr geehrter Herr Semling,
in den letzten beiden Wochen ist es in Freiburg zu zwei öffentlichen Übergriffen gekommen. Am Samstag den 12.06.2021 griff ein stadtbekannter Neonazi und AfD-Kommunalpolitiker mehrere Menschen mit einem Messer und Pfefferspray an. Gegen den mutmaßlichen Täter ist im Moment noch ein Strafverfahren wegen dem Vorwurf der schweren Körperverletzung anhängig. Dieser hat zum Gegenstand, dass der gleiche Verdächtige einen Mann mit einer Rohrzange auf den Kopf geschlagen haben soll.
Am 12.06.2021 jagte laut einem Bericht der Autonomen Antifa eine große Gruppe angetrunkener Männer einen 35-jährigen Mann durch den Stadtteil Stühlinger und versuchten diesen körperlich anzugreifen. Dabei soll die Gruppe mehrfach rassistische Beleidigungen gegrölt haben. Im Raum steht auch der Verdacht, dass einer der Haupttäter wohl guten Kontakt zu den herbeigerufenen Polizeibeamt*innen hatte. Mittlerweile hat sich bestätigt, dass er sogar selbst Polizeibeamter ist. In Folge dieses Kontakts soll es laut dem Geschädigten auch zu einer unzureichenden Klärung des Sachverhalts vor Ort gekommen sein.
Für die unterzeichnenden Fraktionen ist die Tatsache, dass in Freiburgs Straßen bewaffnete Neonazis unterwegs sind, die offensichtlich keinerlei Hemmungen haben, diese Waffen auch einzusetzen, alarmierend und keinesfalls hinnehmbar.
Der Verdächtige Robert H. ist ebenfalls in der Freiburger Querdenker-Szene aktiv, aus der heraus es bereits zu mehreren Angriffen auf Gegendemonstrant*innen gekommen ist. Vor dem Gewaltpotential dieser Bewegung wird bundesweit immer wieder gewarnt. Unseres Wissens nach erstellte der Freiburger Ableger Querdenken-761 Listen mit Namen und Bildern von vermeintlichen Gegner*innen, die in internen Chatgruppen mit Gewalt und Mord bedroht werden. Laut unseren Informationen war auch der Verdächtige Teil dieser Chatgruppen.
Wir sehen in dieser Entwicklung eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit in unserer Stadt. Weitere Übergriffe durch Neonazis, Querdenker*innen oder betrunkene Rassist*innen wollen wir nicht dulden und wir hoffen, dass Sie das genauso sehen.
Wir haben deshalb folgende Fragen und eine Bitte an Sie:
- Wie schätzen sie das Gefährdungspotential durch die Freiburger Querdenker-Szene ein?
- Wie groß ist die rechtsradikale Szene in Freiburg?
- Rechnen Sie mit weiteren Gewalttaten aus dem Umfeld der Querdenker und der Freiburger Neonazis?
- Wie reagiert die Freiburger Polizei auf diese offenkundige Gefährdungslage?
- Warum hat die Freiburger Polizei sich erst mehrere Tage nach dem Vorfall und nach der Veröffentlichung des Sachverhalts durch die Autonome Antifa und Anfragen der Presse zu den Geschehnissen im Stühlinger geäußert? Warum fanden die rassistischen Beleidigungen durch den Polizeibeamten keine Erwähnung in der Pressemitteilung?
Wie Sie wissen, gibt es bundesweit immer wieder Meldungen, dass einzelne Polizeibeamt*innen die Nähe zu rechtsradikalen Parteien und Vereinigungen suchen. Auch fallen leider immer wieder Polizeibeamt*innen durch rassistisches Gedankengut auf.
Wir bitten Sie daher dringend, möglichst rasch und schonungslos aufzuklären, wie es sein kann, dass an der möglichen rassistischen Hetzjagd ein führender Polizeibeamter beteiligt war und seine offenkundige politische Einstellung nicht schon vor dieser Tat problematisiert wurde.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
JUPI Fraktion
Fraktion Eine Stadt für Alle