Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn, sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister, liebe Kolleg*innen,
15 Monate ist es her, dass wir als Gemeinderat den Beschluss getroffen die Gebühren für das sogenannte Anwohnerparken zu reformieren. Ich glaube es war bis heute der Beschluss mit der knappsten Mehrheit in unserer gesamten Amtszeit und in meiner Erinnerung gab es auch eine der besten Debatten, die ich bisher erleben durfte dazu.
Die Erhöhung, die wir damals vorschlugen und die sich schlussendlich auch durchsetzen sollte war drastisch. Es gilt aber zu bedenken, dass die Ausgangssituation genauso drastisch war: In den vergangenen Jahren hat sich die Klimabilanz Freiburg im Verkehrssektor so gut wie gar nicht bewegt. Das System Anwohnerparken war jahrzehntelang de facto eine Subvention der Stadt für die dümmstmögliche Nutzung des öffentlichen Raum, die man sich vorstellen kann. Die Anzahl an privaten PKWs hat sich 17 Jahr in Folge erhöht, obwohl alle in diesem Raum stets beteuern, sie wollen die Klimaziele erreichen und alle in diesem Raum wissen, dass das nicht funktioniert ohne die Zahl der Autos auf ein nachhaltiges Maß zu reduzieren. Dazu kommt, dass gerade die, die immer davon reden, dass man „lieber bessere Angebote schaffen statt Autofahrer drangsalieren“ muss, sich in der Realität einfach gar nicht um irgendeinen mobilitätspolitischen Impuls gekümmert haben. Wenn jahrelang alle wissen, dass sich die Dinge ändern müssen, aber niemand etwas unternimmt, dass sich tatsächlich eine Veränderung tatsächlich einstellt, dann hilft es manchmal eben, auf den Tisch zu hauen und genau das hat der Gemeinderat getan.
Auf der anderen Seite gab es damals aber auch gewichtige Gegenargumente, die ihre Berechtigung hatte. Eine so krasse Preiserhöhung hat, gerade für Familien, natürlich soziale Folgen, die nicht komplett kompensiert werden können.
Anderthalb Jahre später haben wir nun die erste kurze Evaluation des damaligen Beschlusses vor uns liegen und sie zeigt dass die Argumente beider Seiten weiterhin tragen.
Zum ersten Mal ist die Zahl der privat PKWs rückläufig, besonders stark in Gebieten mit Anwohnerparken, Fremdparker*innen sind nahezu verschwunden und private Rümpel-Garagen werden endlich wieder fürs Auto genutzt. Diese Entwicklung bedeutet, dass das Besitzen eines Anwohnerparkausweis heute sehr sicher auch die tatsächliche Möglichkeit der Nutzung eines Parkplatzes und damit wird der Preis auch nachvollziehbarer. Diese Wirkung wollen wir verstetigen.
Gleichzeitig, hat sich die soziale Situation abseits der Parkplätze in Freiburg verschärft. Im Angesicht von Krieg und Inflation, aber auch von immer weiteren Gebührenerhöhungen der Stadt an anderen Kostenpunkten, stellt sich die soziale Frage immer dringender. Im Vorlauf des heutigen TO-Punktes hatte ich daher die Hoffnung, dass sich alle demokratischen Fraktionen zusammensetzen können und einen Kompromiss erarbeiten, der es sowohl gezielte Entlastungen ermöglicht als auch die Verkehrswende verstetigt. Teilweise hat das auch geklappt und wir führen heute eine zusätzliche Rabattierung ein, die Familien gezielt entlastet.
Aber wenn wir ehrlich sind: Der große Wurf ist das nicht.
In den Verhandlungen rund um den heutigen Beschluss war es unserer Fraktion ein Anliegen, die sozialen Bedenken und die ökologischen Fortschritte im Bereich des Anwohnerparkens zu versöhnen. Und zwar nicht deshalb weil, wir unseren damaligen Beschluss für nicht vertretbar halten, oder weil wir politisch keine Mehrheit für die weiteren Schritte, wie eine schneller Ausweitung der Anwohnerparkgebieten haben, sondern weil uns im Angesicht der Klimakrise noch wesentlich größere Fragestellung als die Festlegung von Parkgebühren bevorstehen, die sich am besten mit einer großen gesellschaftlichen und politischen Mehrheit angehen lassen, die Soziales und Ökologisches verbinden wollen, anstatt auf diesem Spannungsfeld politische Kampagnen zu fahren.
In entsprechenden Gesprächen habe ich aber leider nur von einem Teil der Fraktionen, den Willen wahrgenommen, diesen Weg zu gehen, und zwar von uns, von den Grünen, von Einer Stadt für Alle und den Freien Wählern. Die CDU, die FDP und auch die SPD haben zwar an den Gesprächen teilgenommen, waren aber nicht bereit der Mehrheit auch nur kleine Schritte entgegenzukommen. Wichtiger als weitergehende, konkrete Entlastungen für viele Freiburger*innen und die Geschlossenheit des Gremiums beim zugrundliegenden Zielkonflikt war scheinbar, dass die FDP nochmal in einer medialen Extrarunde vor Gericht scheitern darf und die CDU und SPD sich weiter öffentlich in dem Thema verbeißen und Show-Anträge stellen kann, anstatt konstruktiv nach Lösungen zu suchen. Schade drum, aber macht auch nicht viel. Wir haben im Februar in Freiburg 17 Grad gehabt und wenn manche Parteien nächsten Sommer so weiter machen und einen zukunftsgewandten Wahlkampf unter dem Motto. „Billigeres Parken, das ist das was für Freiburg wirklich wichtig ist.“ starten, dann haben wir bald auf andere Weise wieder größere Merheiten.