Sehr geehrter Damen und Herren, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
unsere Fraktion wird heute dieser Vorlage zustimmen und ich werde dieses Abstimmungsverhalten gerne kommentieren:
Wir möchten uns an erster Stelle für die Vorlage bedanken. Die Verwaltung stimmt in dieser mit unserem Eindruck überein, dass der bisherige repressivere Weg, Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum zu lösen, nicht zufriedenstellend funktionierte. Das liegt mitunter auch daran, dass Politik und Verwaltung bei diesen Konflikten das Thema immer aus der Perspektive der Anwohner:innen gedacht hat. Und wir sind angetreten, um genau das zu ändern.
Nicht umsonst sagte Winston Churchill einmal treffend: Zu einem Konflikt gehören nun mal immer zwei Parteien. Gesprochen wird aber bisher mit und über die Nutzer:innen der Plätze nur dann, wenn es darum gehen soll sie davon abzuhalten sich im öffentlichen Raum zu treffen. Das war definitiv ein Fehler. Schon früher hier präventive und kommunikative Wege zu gehen hätte diesem Gremium, Anwohner:innen und den Nutzer:innen der Plätze bestimmt viel unnötigen Stress erspart.
Deshalb war es uns auch so wichtig, einen interfraktionellen Änderungsantrag zu dem Thema des vorherigen Tagesordnungspunktes 10 „Öffentlicher Raum: Nutzungsbedarf für Jugendliche“ zu formulieren. In diesem haben wir mit einer Gemeinderatsmehrheit die Verwaltung aufgefordert, den Tagesordnungspunkt von der TO zu nehmen und inhaltlich und mit Jugendbeteiligung nochmals aufzusetzen. Trotz einer seit über 10 Jahren geführten Debatte wissen wir einfach noch so gut wie nichts darüber, wer und warum die öffentlichen Plätze unserer Stadt gerade in den Nachtstunden belebt. Das ist keine gute Basis, um nachhaltige Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der beiden Konfliktparteien Rechnung trägt. Und ich habe das mal recherchiert, es gab auch in den letzten 8 Jahren keinen einzigen Lösungsansatz, der in Zusammenarbeit mit denen entstanden ist, die die Plätze aktiv nutzen.
Bürgerbeteiligung heißt in Freiburg immer noch viel zu oft: Wir haben doch mit dem Bürgerverein geredet. Aber Bürgervereine sind eben auch geprägt von Menschen, die im Schnitt älter und reicher sein dürften, wie die meisten derer, die die Plätze nutzen. Wir brauchen hier dringend neue und besser Formate der Einbindung der Bürgerschaft.
Der nun neue Ansatz der Drucksache, ins Gespräch zu kommen und zwar nicht nur mit den Nutzer:innen der Plätze, sondern auch mit den Beschwerdeführer:innen, ist ein erster richtiger Schritt auf einem langen Weg. Denn er richtet sich eben an beide Konfliktparteien. Das ist eine große Veränderung zu den vorherigen Drucksachen der Verwaltung bei dem Thema. Doch eine reine Mediation wird nicht ausreichen. Damit sie mehr ist als eine sanfte ordnungsrechtliche Instanz brauchen wir noch einen weiteren Baustein, der aber beim Amt für öffentliche Ordnung nur bedingt sinnvoll angesiedelt ist. Denn hier ist mehr notwendig wie lenkende Gestaltung über ein Veranstaltungsmanagement.
Wir sollten den Nutzer:innen eine attraktive Alternative unterbreiten. Einen Ort, den sie nutzen können, der attraktiv und aufwendig gestaltet ist und sich konkret an den Bedürfnissen orientiert, die diese haben. Und auf dem auch bis spät in die Nacht etwas lauter gefeiert werden kann. Im besten Fall schaffen wir es so, die bisherigen Ballungspunkte der Nachtschwärmer:innen wie den Seepark zu entzerren. Und weniger Menschen heißt auch weniger Lärm.
In jedem Fall aber zeigen wir so den vielen tausenden Bürger:innen, die den öffentlichen Raum nutzen, dass wir ihr Anliegen und ihre Interessen ernst nehmen. Das schafft Vertrauen und beugt Politikverdrossenheit vor. Wir sehen in der Einstellung eines Mediatonsteams auch ein Angebot in unsere Richtung, endlich mal ein Punkt zu setzen an eine lange Auseinandersetzung über den Sinn und Nutzen eines kommunalen Ordnungsdienstes. Wir nehmen das Angebot vorerst an, sind aber auch gespannt auf die erneute Vorlage zum Thema Junge Menschen im öffentlichen Raum. Deshalb finden wir es auch schade, dass die CDU sich hier trotzdem profilieren, muss mit ihrem Antrag die Vollzugsdienststellen zu erhöhen. Dies lehnen wir ab.
Es ist sinnvoll, Gewaltprävention im Dezernat 3 zu belassen, denn wir sehen es wie unsere Grünen Kolleg:innen, die Themen Gewaltschutz und Istanbuler Konvention sind dort besser aufgehoben, deshalb stimmen wir dem zu.
Zum Schluss möchte ich allerdings noch ein Satz in der Vorlage kritisieren: Sie wollen den Stühlinger Kirchplatz „zurück in die Mitte der Gesellschaft“ holen. Im Kontext der Konflikte auf dem Platz ist dieser Satz schnell misszuverstehen. Denn die Mitte der Gesellschaft hat natürlich nichts mit Hautfarbe oder sozialem Status zu tun. Diese Mitte der Gesellschaft gibt es vermutlich gar nicht, sondern ist immer eine Frage der Perspektive. Der Satz zeigt uns, dass im Umgang mit geflüchteten Freiburger:innen und ihren Bedürfnissen für den öffentlichen Raum auch noch Nachholbedarf gibt. Wir hoffen, dass ihre Perspektiven auch Eingang finden in die neu aufzusetzende Vorlage zu dem vorherigen Top.