Sehr geehrter Herr Oberbindenmeister, geschätzte Kolleg*innen, werte menstruierende Menschen,

 

Wir Frauen* ja… wir lieben diesen Luxus uns mit teuren Dingen zu umgeben, Bling-Bling und dafür geben wir auch wirklich sehr gerne Geld aus. Zum Beispiel für Tampons, denn wie sagt man so schön: Tampons are a girls best friend. Bis vor kurzem wurden Menstruationsprodukte sogar noch als „Luxusgüter“ mit 19% besteuert – dies hat sich seit 2020 zwar geändert, aber die Hersteller*innen haben dann einfach die Preise erhöht.

Sophie Kessl, Stadträtin Die PARTEI

Ich weiß, dieses Thema ist blutig und auch ein bisschen eklig, nicht umsonst handeln menstruierende Menschen mit Tampons unter den Tischen besser als Koksdealer. Aber vor allem für die Herren der Schöpfung ist dieses Thema hart. Also falls sie nicht zuhören möchten – stecken sie sich doch einfach links und rechts einen Tampon in die Ohren.

Welche Blutbürgerin* kennt es nicht? Das unfassbare Vergnügen, einmal im Monat gegen PMS, Unterleibsschmerzen, Krämpfe, Migräne und weitere Spaßpakete der weiblichen Anatomie den Mann zu stehen, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Auf diesen Spaß kann Mann doch nur eifersüchtig werden! Und dieser Spaß darf doch gerne was kosten. Laut einer britischen Studie kostet Menstruieren mit allem Drum und Dran 550 Euro im Jahr bzw. 20 000 Euro im Leben. Eine halbe Monatsmiete dafür, dass man mit sauberem Schlüpper auf Arbeit, in der Schule, im Hörsaal oder im Gemeinderat sitzen kann.

Menschen mit Menstruationshintergrund sind es Zeit ihres Lebens gewöhnt, dass sie allein dafür die Verantwortung tragen, mit sich und ihrer monatlichen Bluterei und allem, was damit einhergeht umgehen zu müssen. Dumme Witze und schlechte Laune sind dabei noch zu verkraften, die Flecken rauszubekommen ist eine ganz andere Aufgabe. Um wenigstens die finanziell belastenden Aspekte der Menstruation abzuschwächen, wären kostenlose Hygiene- bzw. Periodenartikel, auf allen Toiletten in Gebäuden der Stadt und in Schulen das Mindeste!

Nun hat es ja bekanntermaßen 1, 2 – 16 Monate gedauert, um diesen fraktionsübergreifenden Antrag zu bearbeiten und das Ergebnis hätte sicher auch üppiger ausfallen können, aber die Mühlen der Verwaltung mahlen langsam und die Prioritäten sind dann eben doch oft eher maskuliner Natur. Aber immerhin ist jetzt ja mal was da, was man dann auch hoffentlich bald weiter ausbauen kann! #Haushaltsverhandlungen

Denn Menstruationsarmut ist ein Problem: Menschen, die sich keine Tampons oder Binden leisten können, ziehen sich während der Periode zurück, gehen nicht in die Schule oder melden sich krank. Somit wäre es sogar aus kapitalistischer Sicht sinnvoll, etwas dagegen zu tun! Und man muss nicht einmal arm sein, um vom Periodenspaß eiskalt erwischt zu werden! Erstmenstruierende sehen sich mitten im Unterricht statt mit den Aufgaben an der Tafel mit den Aufgaben ihres Körpers konfrontiert. Wie geil wäre es dann, wenn es auf dem Schulklo einen Tampon-Automaten gäbe?

Menstruation sollte kein Tabu mehr sein im Jahr 2022, schließlich ist nun auch mittlerweile wirklich jedem bewusst, dass menstruierende Menschen nicht den Most ungenießbar, Dolche stumpf oder die Gurken sauer machen. Nein! Menstruation ist etwas völlig Natürliches! Also warum sollten nicht für etwas völlig Natürliches auch die entsprechenden Hygieneartikel kostenlos zur Verfügung stehen? Für das kleine oder große Geschäft müssen wir ja auch nicht die eigene Rolle mitnehmen, oder?

An alle, die jetzt Rasierer o.ä. als Ausgleich für die Männer*toiletten fordern: Ok Boomer. Wenn ihr auch jeden Monat plötzlichen Bartwuchs mit einhergehenden unerträglichen Bauchschmerzen, starken Blutungen und Rückenschmerzen habt, dann schreibt doch mal nen Antrag! Ich würde das auf jeden Fall unterstützen.

Menstruierende Menschen sind durch die Gender-Pay-Gap eh schon finanziell ausgeblutet – nun kam auch noch eine Pandemie hinzu, die klassische Rollenklischees befördert und bestehende Ungerechtigkeiten verstärkt. Bei den einen kommt monatlich das regelmäßige Gehalt, bei den anderen kommt gehaltvoll die monatliche Regel. Deshalb werden wir die Stadt auch auffordern zu prüfen, ob durch das Einwickeln der Tampons in Geldscheine ein Mittel gefunden werden kann, die Gender-Pay-Gap zu schließen.

Blutbürger*innen aller Länder und dieses Gemeinderats vereinigt euch! Stimmt für diese Vorlage und für die Änderungsanträge!

…Und übrigens, falls sie mitgezählt haben, wie oft ich das Wort „Menstruation“ gesagt habe, dürfen sie sich bei mir gern wahlweise einen Tampon oder eine Binde abholen.

So. Das wars, die Tampons dürfen wieder aus den Ohren raus. Und um es mit den Worten von Winston Churchill zu sagen: ich kippe mir jetzt einen hinter die *ähem* Binde.